Unter dem Titel „Integration von unbegleiteten Minderjährigen in der Kinder- und Jugendhilfe“ fand am Mittwoch, den 13.4.2016, eine Tagung für Fach- und Führungskräfte der öffentlichen und freien Jugendhilfe im Haus der Jugend in Frankfurt a. M. statt. Veranstalter waren das ISS-Frankfurt a. M. sowie das e/l/s-Institut für Qualitätsentwicklung sozialer Dienstleistungen.

Mit knapp 70.000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Jungendhilfeverantwortung stünde Deutschland vor sich ständig verändernden Herausforderungen, wie Benjamin Landes (Direktor des ISS-Frankfurt a. M.) in seiner Begrüßung der über 100 Teilnehmenden statuierte. Nicht nur der Krisenmodus aus dem Jahr 2015, in dem Hilfesysteme kaum noch agieren als vielmehr nur reagieren konnten, sondern auch die aktuelle Lage sorgten für ordentlichen Wirbel in den sozialen Sicherungssystemen, etwa durch die Schließung der Balkanroute und dem damit verbundenen Rückgang der neuankommenden Flüchtlinge in Deutschland.

Dynamische Qualitätsstandards in der Kinder- und Jugendhilfe

Im ersten Vortrag des Tages umriss Roland Kaiser vom KVJS Baden-Württemberg die Problematik aus der Sicht eines Landesjugendamtes. Die Herausforderungen der Zuweisung und Unterbringung seien nahezu bewältigt, doch nun kristallisiere sich eine fachliche Krise heraus: Die Qualitätsstandards in der Kinder- und Jugendhilfe müssten neu gedacht und verändert, dabei aber keinesfalls abgesenkt werden um die große Anzahl an Kindern und Jugendlichen, die nun von den sozialen Hilfesystemen erfasst wären, kompetent und angemessen zu begleiten.

Praktische Antworten darauf lieferte in einem anschließenden Beitrag zum Thema „UM-Arbeit in Zeiten von gesellschaftlichen Ressentiments und Willkommenskultur“ Gerd Dworok, der als Geschäftsführer Ansätze der evangelischen Jugendhilfe im Münsterland aufzeigte.

In einer Workshop-Phase am Nachmittag konnten sich die Teilnehmenden dann über Themen wie Personalmangel, Qualitätssicherung, Integrationsarbeit, passgenaues Clearing und effektive Kommunikation aus ihrem Arbeitsalltag heraus austauschen. Ergebnisse der Gesprächsrunden zeigen beispielsweise den Bedarf an einer optimierten Kommunikation zwischen den unterschiedlichen an Asylverfahren beteiligten Institutionen um nicht zuletzt eine Qualitätssicherung sowohl der Arbeit als auch der Arbeitskräfte zu gewährleisten. Die Problemstellungen, vor denen Ämter und Einrichtungen stehen, sind vielfältig und unterliegen einer ständigen Wandlung, sodass dynamische aber qualitativ unverminderte Standards unumgänglich sind und die Bedarfe der Flüchtlinge selbst nicht aus den Augen verloren werden dürfen.

„Ganz normal” oder doch besonders: Geflüchtete Kinder und Jugendliche

Der abschließende Vortrag zum Thema „Trauma-Pädagogik“ von Robert Lehr (Bodenseeinstitut für Traumapädagogik) legte nochmals einen Schwerpunkt auf die besonderen Herausforderungen in der Begleitung minderjähriger Flüchtlinge, die aufgrund unterschiedlichster Umstände schwer traumatisiert im Land ankämen und eine besondere Betreuung benötigten. Doch auch hier gelte: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge hätten nur zum Teil grundlegend andere Problemfelder als inländische Kinder und Jugendliche und wären neben all ihren schlimmen Erfahrungen im Wesentlichen eins: „Kinder und Jugendliche – Teenager“. Und als solche sollten sie auch als erstes gesehen werden – jenseits von aller Besonderheit, jenseits von jeder Aktenlage. Damit aus dem Flüchtlings-Chaos eine Chance wird: Für eine Neuformierung der sozialen Hilfesysteme, für die Kinder und Jugendlichen selbst, für die kulturelle Vielfalt.

Bild im Text unten: Robert Lehr, Bodenseeinstitut für Traumapädagogik

Sehen Sie hier die Präsentationen der Vortragenden:

Published: 15.03.2019