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Veröffentlichung: Expertise zum Stand der Umsetzung der Kindergarantie für Europäische Kommission

 

Der deutsche Bericht "Zugang für bedürftige Kinder zu den wichtigsten Dienstleistungen der Europäischen Kindergarantie" wurde durch die Mitarbeiterinnen des ISS e.V. Dr. Irina Volf und Claudia Laubstein zusammen mit Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger (Universität Bielefeld) verfasst und auf der Seite der Europäischen Kommission veröffentlicht.

Der Bericht untersucht, inwieweit die sechs Schlüsseldienstleistungen, die von der Europäischen Kindergarantie abgedeckt werden, für Kinder in einkommensschwachen Haushalten in der EU leicht verfügbar und zugänglich sowie kostenlos oder erschwinglich sind.

Europäische Kindergarantie

Um eine Grundlage für die Überwachung der Umsetzung der Europäischen Kindergarantie zu schaffen, beauftragte die Europäische Kommission das European Social Policy Analysis Network (ESPAN) mit der Untersuchung der sechs von der Garantie abgedeckten Schlüsseldienstleistungen für Kinder in einkommensschwachen Haushalten in der EU. Die Analysen wurden von nationalen Expert*innen für Kinderarmut für ESPAN umgesetzt.

Der Bericht ist Teil einer weiteren Studie, die einen vergleichenden Überblick und eine Bewertung der aktuellen Situation in den 27 EU-Ländern bietet.

Mit der Verabschiedung der Empfehlung zur Europäischen Kindergarantie (ECG) im Juni 2021 verpflichten sich die Mitgliedstaaten, allen Kindern zu garantieren, dass sie Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung und Betreuung, Bildung und schulischen Aktivitäten, einer gesunden Mahlzeit pro Schultag und eine gute Gesundheitsversorgung, effektiven Zugang zu gesunder Ernährung und angemessenem Wohnraum erhalten.

Der ESPAN-Bericht zeigt, dass die meisten EU-Länder über Mechanismen verfügen, die sicherstellen, dass alle Kinder (oder zumindest diejenigen aus einkommensschwachen Haushalten) Zugang zu jeder dieser sechs Dienstleistungen haben. Die Reichweite dieser Mechanismen ist jedoch sehr unterschiedlich und alle 27 Länder haben Herausforderungen zu bewältigen, die entweder nur den Zugang zu einigen wenigen oder zu (fast) allen Dienstleistungen betreffen.

Erkenntnisse aus dem Bericht für Deutschland:

- In Deutschland haben Kinder ab dem ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf einen Betreuungsplatz, jedoch nicht kostenlos. Die Gebühren werden individuell auf Länder- und Gemeindeebene geregelt. Einkommensschwache Familien sind von den Gebühren befreit, aber der Zugang zu Betreuungsplätzen wird durch eine begrenzte Verfügbarkeit und mangelnde Kenntnisse der Eltern behindert.

- Kosten, die mit dem Schulbesuch verbunden sind, variieren erheblich zwischen den Bundesländern. Für schulbezogene Aktivitäten können einkommensschwache Haushalte Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beantragen, aber die Inanspruchnahme ist gering und deckt nicht alle Kosten ab. Nicht alle Schulen bieten Mahlzeiten an, und der Zugang dazu ist oft an ein Ganztagsprogramm gebunden, das auf Antrag im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets gewährt wird, aber nicht von allen anspruchsberechtigten Schülern genutzt wird. Aufgrund verdeckter Armut haben zudem nicht alle einkommensarmen Kinder Anspruch auf Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets.

- Krankenversicherte Kinder haben kostenlosen Zugang zur Gesundheitsversorgung. Jedoch haben Kinder aus einkommensarmen Familien Barrieren beim Zugang zur Gesundheitsversorgung, wie Unter- und Überversorgung in bestimmten Regionen, Benachteiligung bei der Terminvergabe und eingeschränkter Anspruch auf Behandlung für Asylbewerber und unbegleitete Flüchtlingskinder.

- Der Zugang zu gesunder Ernährung wird vor allem durch niedrige Einkommen und unzureichende Sozialtransferleistungen behindert. Zudem gibt es geringe Gesundheitskompetenz bei Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status sowie Mangel an zielgruppenspezifischer Unterstützung zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz.

-  Kosten für Unterkunft und Heizung, soweit sie angemessen sind, werden für Haushalte, die Mindestsicherungsleistungen erhalten, vom Staat übernommen. Für Familien, die keine Sozialleistungen erhalten und gleichzeitig nicht genug verdienen, um ihre Wohnkosten zu decken, gibt es finanzielle Hilfe in Form von Wohngeld. Das Angebot an Sozialwohnungen in Deutschland ist allerdings weit hinter dem tatsächlichen Bedarf, so dass die allgemeine Wohnungsknappheit zur Ausgrenzung von Randgruppen oder benachteiligten Gruppen führt.