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Der vierte Schwerpunktbericht der wissenschaftlichen Begleitung im Handlungsfeld „Extremismusprävention“ des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ untersucht, wie Projekte deutschlandweit Menschen beim Ausstieg aus extremistischen Szenen unterstützen. Dafür hat das Team Demokratieförderung Projektberichte ausgewertet, Fachkräfte und Klient*innen interviewt und Praxiserfahrungen analysiert.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Fachkräfte der untersuchten Projekte die Zielgruppe der potenziellen Aussteiger*innen meist gut erreichen. Besonders erfolgreich sind sie, wenn sie im Sozialraum fest verankert sind, eng mit Sicherheits- und Strafvollzugsbehörden zusammenarbeiten und vertrauensvolle Beziehungen zwischen Fachkräften und Klient*innen entstehen. Mit möglichen Aussteiger*innen über digitale Kanäle in Kontakt zu kommen, ist dagegen weiterhin mit einem großen Aufwand verbunden. Die Fachkräfte müssen radikalisierte Menschen zunächst anhand ihres Nutzungsverhaltens in sozialen Medien erkennen. Anschließend gilt es, eine Beratungsbeziehung aufzubauen und diese schließlich in eine persönliche Beratung im regionalen Wirkungsbereich des Projekts zu überführen. Der Zugang über den sozialen Nahraum (z.B. über Einrichtungen des Strafvollzugs und der Bewährungshilfe, Treffpunkte Jugendlicher, kommunale Beratungsstellen) ist auch deshalb weiterhin der bevorzugte Weg, weil sich auch die Einbindung von Eltern, Familie und Partner*in als zentral für den Ausstiegsprozess erweist.
Wichtig ist zudem die kontinuierliche Weiterbildung der Ausstiegs- und Distanzierungsbegleiter*innen, damit sie weiterhin professionell und nach gemeinsamen Standards arbeiten können und gut vernetzt sind. Im Bericht empfehlen die Autor*innen, psychologische Unterstützung für die Beratenden fest in die Projekte einzuplanen, frühzeitig Netzwerke mit Partnern aufzubauen, Teams nach Erfahrung und Hintergrundwissen zusammenzustellen, geschlechtersensible Ansätze zu berücksichtigen und digitale sowie persönliche Beratungsangebote zu kombinieren.
Fazit: Die Modellprojekte leisten einen wichtigen Beitrag zur Deradikalisierung und zur sozialen Reintegration von Menschen mit extremistischen Orientierungen. Gleichzeitig stehen sie vor wachsenden Herausforderungen – etwa durch psychische Belastungen Beratender, digitale Kommunikation und die zunehmende Normalisierung demokratie- und menschenfeindlicher Positionen im gesellschaftlichen Diskurs.
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Isabell Ziegler, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Demokratie
Am Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS e. V.) wird seit vielen Jahren im Themenbereich Demokratie geforscht, um Politik und Praxis ein fundiertes Verständnis für die Förderung demokratischer Werte, Teilhabe und Resilienz gegenüber Radikalisierung zu vermitteln. Ein zentrales Ziel unserer Arbeit ist die Stärkung einer gerechten, vielfältigen und inklusiven Gesellschaft – sowohl im analogen als auch im digitalen Raum. Erfahren Sie mehr zu unseren Projekten auf unserer Themenseite: https://www.iss-ffm.de/themen/demokratie
